Verarbeitung von TROGAMID® Formmassen

Werkzeugempfehlung

Anguss 

Alle herkömmlichen Anguss-Anschnittsysteme sind möglich. Der Querschnitt eines Kaltkanals sollte so groß gewählt werden, dass er kurz nach Erreichen des Siegelpunktes erstarrt. Allgmein gilt, dass der Angussquerschnitt ca. 1 mm größer als die dickste Stelle im Formteil sein sollte. Für Stangenangüsse haben sich Entformungsschrägen zwischen 1° und 3° bewährt. Insbesondere bei Mehrfachverteilern sollte die Schererwärmung und das balancierte Füllen mit Hilfe der Spritzgeißprozesssimulation evaluiert werden.

Angussverteiler
Angussverteiler sollten rund oder trapezförmig ausgelegt werden (möglichst großer Fließquerschnitt bei kleinster Oberfläche). Halbrunde oder rechteckige Verteilergeometrien sind nicht zu empfehlen.

halbrund

ungünstig

rechteckig

ungünstig

rechteckig

geringste Oberfläche bezogen auf den Querschnitt

trapezrund

alternativ zum Rund-querschnitt

Anschnitt, Anschnittsysteme
Das Anschnittsystem ist abhängig von Schmelzevolumen, Anzahl der Formnester und Bauteilgeometrie. Es sind fast alle gängigen Systeme möglich; kleine Tunnelanschnitte frieren jedoch schnell ein und sind nur für Formteile mit kurzen Nachdruckzeiten und geringen Wanddicken einsetzbar.

Die Lage des Anschnittes sollte so gelegt werden, dass eine Freistrahlbildung möglichst vermieden wird (weil dies meist zu Schwachstellen durch Bindenähte und zu Oberflächendefekten führt). Durch Anbindung an der dicksten Wandstärke lassen sich Einfallstellen auf ein Minimum reduzieren oder ganz vermeiden.

Tunnelanschnitt
Der unten gezeigte Tunnelanschnitt kann eingesetzt werden, wobei die Anschnittvariante mit Stauboden langsamer erstarrt und den Druckverlust und die Scherung gegenüber dem Tunnel ohne Stauboden verringert. Somit werden längere Nachdruckzeiten mit besserer Nachdruckübertragung ermöglicht.

Bei der Verwendung eines Heißkanalwerkzeuges ist auf die Verweilzeit, Materialscherung und Temperaturbelastung zu achten. Die Schergeschwindigkeit sollte vom Materialeintritt bis zur Heißkanaldüse bei jeder Verzweigung im Heißkanal gleich bleiben oder steigen. Besonderes Augenmerk sollte auf die thermische Interaktion zwischen Heißkanal und Spritzgießwerkzeug gelegt werden, um eine homogene Temperaturverteilung der Formmasse zu garantieren. Eine enge Abstimmung zwischen Werkzeugkonstrukteur und Heißkanalhersteller vermeidet Dimensionierungsfehler. Komplexe Systeme sollten thermisch-rheologisch mit Hilfe der Spritzgießprozesssimulation evaluiert werden, um große Temperaturunterschiede im Heißkanal/Anguss und Formteil zu vermeiden. Die Schmelzetemperatur im Heißkanal sollte nicht mehr als 5 °C von der Soll-Temperatur abweichen. Thermisch kritische Stellen im Heißkanal liegen häufig weit von Temperaturmessstellen entfernt und bleiben unentdeckt.

Für Formmassen mit hohen Füllstoffgehalten (z.B. Glasfasern) sollte auf Nadelverschlusssysteme verzichtet und auf offene System zurückgegriffen werden. Bei diesen Formmassen empfiehlt es sich, den Isolierspalt zwischen Werkzeug und Heißkanal mit einem ungefüllten Material zu füllen, weil gefüllte Materialien in der Regel die Wärme besser leiten.

Temperierung

Bei der Verarbeitung von TROGAMID® CX, myCX und Care wird eine intensive Formteilabkühlung empfohlen, da es bei dickwandigen Teilen (> 8 mm) zu Eintrübungen kommen kann. Bei komplexen Formteil-, bzw. Werkzeuggeometrieen empfiehlt sich die Evaluierung der Formteil- und Werkzeugtemperaturen mit Hilfe der Spritzgießprozesssimulation.

Um die hohen Qualitätsanforderungen an die Spritzlinge zu erfüllen, sollte eine gleichmäßige Temperaturverteilung über der formbildenden Oberfläche erreicht werden.

Auf der rechten Abbildungshälfte wurden die in Tabelle unten empfohlenen Abstandsmaße (a, B und D) eingehalten, während die linke Hälfte eine ungünstige Anordnung darstellt, weil die Bohrungen zu nah (Maß a) an der Werkzeugwand und mit zu großem Abstandsmaß B eingearbeitet wurden. Die in der Simulation kreisförmig dargestellten Isothermen reduzieren die Verzugsneigung am Fertigteil.

Empfehlungen zu Temperierkanaldurchmesser und –abständen (Quelle: Fa. GWK)

Wanddicke s [mm]
Abstand Bohrungsmitte / Spritzling [a]
Abstand Bohrungsmitte / Bohrungsmitte [B]
Durchmesser Kühlbohrung [D]
bis 1,0
11,3 - 15,0
10,0 - 13,0
4,5 - 6,0
1,0 - 2,0
15,0 - 21,0
13,0 - 19,0
6,0 - 8,5
2,0 - 4,0
21,0 - 27,0
19,0 - 23,0
8,5 - 11,0
4,0 - 6,0
27,0 - 35,0
23,0 - 30,5
11,0 - 14,0
6,0 - 8,0
35,0 - 50,0
30,5 - 40,0
14,0 - 18,0

Entlüftung

Für eine ausreichende Entlüftung der Kavität ist zu sorgen. Entlüftungsschlitze sollten 0,03 - 0,05 mm tief und 4 - 5 mm breit sein.

Schwindung und Verzug

Zur Abschätzung der Verarbeitungsschwindung können die folgenden Werte (ermittelt nach ISO 294-4) herangezogen werden:

Schwindungsdaten 

TROGAMID®
In Fließrichtung (%)
Senkrecht zur Fließrichtung (%)
CX7323
0,65
0,80
CX9710
0,70
0,80
myCX
0,70
0,70
Care MX73
0,70
0,80
Care MX97
0,70
0,80

Entformungsschrägen

Die Entformungsschräge sollte im Allgemeinen 0,5° - 3° betragen. Bei strukturierten Oberflächen sollte je 0,025 mm Strukturtiefe ca. 1° Entformungsschräge zusätzlich vorgesehen werden. Oberflächenstrukturen sollten nach Möglichkeit in Entformungsrichtung verlaufen.

Werkzeugstahl

Geeignete Stahlsorten sind z.B.:

  • 1.1730 für Formaufbau, Zentrierflansche, Auswerferplatten, Aufspannplatten
  • 1.2379 für Angussbuchsen, Schließleisten
  • 1.2312 für (zerspanend bearbeitete) Formplatten und Formeinsätze
  • 1.2343 für Formplatten, Formeinsätze und Schieber
  • 1.2767 für Formplatten und (polierte, geätzte, erodierte) Formeinsätze und Schieber

In der Praxis haben sich Ni-P-PTFE oder TiAlOx als Beschichtungsoberflächen bewährt. Kommt es auf hohe Wärmeleitfähigkeit der Formteiloberfläche an, so können Formeinsätze aus Kupfer-Beryllium-Legierungen eingesetzt werden, auf die auch Schutzschichten aus Chrom und Nickel aufgetragen werden können.

Sensorik

Prozessüberwachung und Steuerung:

  • Die Verwendung eines Forminnendrucksensors zur genauen Einstellung des Umschaltpunktes ist zu empfehlen.
  • Die Überwachung der Kurvenverläufe von Spritz-, Plastifizier- und Forminnendruck sowie Schneckenweg hilft bei der Spritzgießprozessanalyse.